Holzfass, Edelstahl, Beton, Amphore – wie sind die jeweiligen Auswirkungen auf den Wein?

13.11.2024 15:47

Holzfass, Edelstahl, Beton, Amphore – wie sind die jeweiligen Auswirkungen auf den Wein?

Während früher beinahe alle Weine in Holzfässern ausgebaut wurden (Ausbauen ist die Fachbezeichnung für die Lagerung und Reifung des Weins), gibt es heute viele weitere Möglichkeiten. Sie alle haben Ihre Besonderheiten und Auswirkungen auf den Wein, wobei zu verdeutlichen ist: Es gibt kein richtig oder falsch. Die Wahl des Gebindes kann von vielen Faktoren abhängen und ist schlussendlich die Entscheidung des Erzeugers. Wir stellen kurz und knapp vor, wie sich die jeweiligen Ausbaumöglichkeiten auf den Wein auswirken:

Edelstahltank: Die Mehrzahl der weltweit erzeugten Weine werden in Edelstahltanks vergoren. Die Tanks ermöglichen eine genaue Temperaturregulierung und werden daher gerne für leichte und fruchtige Weine eingesetzt. Denn bei einer Vergärung mit niedriger Temperatur werden eher fruchtige und florale Aromen freigesetzt. Die Tanks lassen sich sehr einfach reinigen und haben noch dazu ein großes Fassungsvermögen, ohne dabei viel Platz wegzunehmen. Außerdem kann der Gärprozess unter vollständigem Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Dieser würde beim Wein eine Oxidation und die damit verbundenen Aromen wie Karamell oder Nüssen hervorrufen. Wird ohne Sauerstoffkontakt vinifiziert, spricht man von einem sogenannten reduktiven Ausbau. Das Gebinde gibt hierbei keinen zusätzlichen Geschmack an den Wein ab. Riesling und Sauvignon Blanc sind hierfür sehr beliebte Rebsorten, aber Vorsicht: In der Weinwelt empfiehlt sich der Zusatz „tendenziell“. Denn es gibt sehr wohl Sauvignon Blanc-Weine, die in neuen Holzfässern ausgebaut werden (z.b. in Graves in Bordeaux Pessac-Léognan).

Eichenholzfässer: In früheren Zeiten wurden sehr viele Weine in Holzfässern ausgebaut, da es schlicht und ergreifend keine Edelstahltanks gab. Eichenholzfässer können aus französischer Eiche (die teuerste und feinste Holzart), slawonischer Eiche (gerne bei italienischen Rotweinen eingesetzt) oder amerikanischer Weißeiche (sehr aromatisch, häufig in Südfrankreich und Spanien zu finden) hergestellt werden. Beim Fassbau kommt das sogenannte „Toasting“ zum Einsatz. Um die Dauben biegbar zu machen werden die Fässer „ausgebrannt“. Ein zusätzlicher Effekt: Der natureigene Zucker des Holzes karamellisiert und es entstehen Vanillin-Verbindungen. Je nachdem wie stark die Fässer ausgebrannt sind, ist die geschmackliche Auswirkung auf den Wein stärker oder schwächer. Nach etwa 4 Nutzungen haben die Fässer dann keine weitere geschmackliche Auswirkung mehr. Da die Fässer zudem zwar wasser- aber nicht luftdicht sind, gelangt zusätzlich Sauerstoff an den Wein, weswegen der Ausbau in Holz auch als „oxidativer“ Stil bezeichnet wird. Die Weine erhalten dann Noten von Vanille, Nelken, Nüssen, Karamell etc. Der oxidative Stil eignet sich gut für sogenannte nicht-aromatische Rebsorten wie z.B. Chardonnay. Im Vergleich zu Riesling, einer aromatischen Rebsorte, hat Chardonnay deutlich weniger eigene Aromatik und passt seinen Stil an die jeweilige Ausbauart an. Würde man Riesling im neuen Holz ausbauen, könnte es passieren, dass die Aromatik des Holzes die typischen subtilen und feinen Rieslingnoten überlagern. (Tendenziell wird das nicht praktiziert, aber es gibt sehr wohl Erzeuger, die Rieslinge in neuen Barriquefässern ausbauen). Zusäzlich gilt: Je kleiner und neuer das Fass ist, desto stärker ist die geschmackliche Auswirkung auf den Wein. Große und alte Fässer werden ebenfalls gerne genutzt, beeinflussen aber eher die Struktur des Weins als seinen Geschmack. Probieren Sie Chardonnay-Weine aus dem Burgund oder Baden; meistens werden sie im Holz ausgebaut.

Beton-Ei: Diese Gebindeform ist relativ neu und auch nicht ganz unumstritten. Das Beton-Ei lässt einerseits Sauerstoff ins Innere, kühlt aufgrund seiner thermischen Eigenschaften aber gleichzeitig, sodass der Wein seine eigene Aromatik ebenfalls entfalten kann. Da die Wände vom Wein angegriffen werden und sich Stoffe aus dem Beton lösen könnten, die dann in den Wein übergehen, sind die Meinungen hierzu gespalten.

Amphore: Die vermutlich älteste Form des Weinausbaus. Hierfür werden die Trauben samt Stielen und Beerenhäuten in eine Amphore gegeben und diese dann vergraben. So wird eine gleichbleibende Temperatur erreicht und der Wein gärt ohne Sauerstoff-Einfluss. Das Ergebnis sind meistens sehr wilde, aber hochgradig spannende Weine, die mit den konventionell erzeugten wenig zu tun haben. Eine absolute Empfehlung, auch wenn die Weine stark polarisieren. Probieren sollte man es in jedem Fall!

Zusammenfassend sehen wir, dass die Wahl des Gebindes durchaus relevant für den Wein ist. Auch eine Mischung der Stile ist eine Möglichkeit, die Komplexität weiter zu steigern. Man sollte immer neugierig und offen sein, denn es gibt so unfassbar viel zu probieren und endecken. Also worauf warten wir?

Cheers!